Weit schweift der Blick über goldgelbe Kornfelder zu von großen Bäumen gesäumte Landstraßen und bewaldeten Höhen, auf deren Vulkankegel uralte Ruinen von längst vergangenen Zeitaltern zeugen.
Beim Pfarrhaus gegenüber der neugotischen kleinen Kirche neigt sich die Straße talwärts Richtung Thüringen, aber nirgends ist ein Hinweis auf die Burg zu sehen. Dort drüben, ein Stück die Straße hinunter, spielen Kinder bei einem überdimensionierten, hölzernen Ritter, die gehe ich fragen. Siehe da, hinter dem Ritter ist das Kassenhäuschen des Burgmuseums, von dem aber auch von hier nicht viel zu sehen ist.
Erst als wir hinter dem Eingang ein paar Schritte den Weg zwischen blühenden Rosensträuchern weitergehen, offenbart sich die mächtige Ruine mit zwei wehrhaften Tortürmen hinter der Brücke, die den tiefen Graben zwischen der Vorburg und dem Felsblock mit der Ruine überspannt. Vom Palas, dem Hauptgebäude der Burg steht nicht viel mehr als die Schildwand, der Rest wurde im dreißigjährigen Krieg von marodierenden Söldnern abgefackelt. (mehr zur Architektur im Archiv)
Nicht immer scheint der Familiensinn für das friedliche Miteinander gereicht zu haben. Die Stein zu Altenstein jedenfalls schlossen einen Burgfriedensvertrag, der fünf Familien mit insgesamt zehn Brüdern und Vettern umfasste, die zwar eigene Kemenaten bewohnten, aber Keller, Küche, Kirche, Söldner und einiges Andere teilten. Die Regelungen für das Zusammenleben waren ein Familiengesetz, bei dem schwerwiegende Verfehlungen mit der Acht geahndet wurden, was zu einem Verlust sämtlicher Rechte einschließlich des Wohnrechts führte.
So erzählt die Sage vom Würzburger Bischof Iring von Reinstein-Homburg, der unter dem falschen Vorwurf der Wegelagerei vom König das Recht verlangte, die Burg Altenstein anzugreifen. Bei der Belagerung griff er jedoch zu einer List und bot den zwölf Brüdern der Ganerbenburg an, jeweils einzeln mit ihm Frieden zu verhandeln. Im Burgzimmer, in dem er die Brüder einzeln empfing, sollen jedoch seine Schergen gelauert haben, die jeden Einzelnen rücklings ermeuchelten. Lediglich Herdegen, der jüngste der zwölf Brüder wehrte sich so vehement, dass er dem Bischof mit seinem Jagdmesser die Nase abschnitt und dann durch ein Fenster floh.
Er schlug sich nach Bamberg durch, war damit aber noch nicht vor den Schergen der Kirche sicher und schloss sich heimlich einem Handwerkertross an, der sich nach Kärnten aufmachte, um als Maurer in einer der bambergischen Ländereinen zu arbeiten. Als Herdegen nach Jahren wieder in den Besitz der Stammburg kam, wählte er deshalb die drei Maurerhämmer zum Familienwappen, wie sie im Relief über dem Haupttor noch zu erkennen sind.
Altenstein, eine der ältesten Ganerbenburgen ist noch heute eine der größten und eindrucksvollsten Burgruinen Frankens, zu der sie ein ausführliche historische Beschreibung im Archiv finden.
Mit neuer Kraft radeln wir über breite Forstwege nach Lichtenstein, deren Mauern wir schon von der Ruine Altenstein am Horizont zwischen den Bäumen des Höhenzugs ausgemacht hatten.