Zilli ist nicht zum ersten Mal in Berlin. Damals hatte es aus allen Eimern geschüttet. Das letzte Mal war dann alles zu Stein und Bein gefroren, erinnert sie sich. Aber diesmal ist Sommer, endlich Sommer in Berlin!
Die Touristen bevorzugen heute die Ausflugsschiffe statt der Doppeldeckerbusse und genießen die Stadtrundfahrt unter den vielen Brücken des Landwehrkanals hindurch, wo sie jedes Mal die Köpfe einziehen, die Gläser mit dem Aperol Spritz und die Eisbecher festhalten.
Andere haben schon heute Morgen die Badehose und das kleine Schwesterlein eingepackt und sind rausgefahren an den Wannsee. Wie Zilli, die mit mir durch den Grunewald zum Teltower Turm gerollt ist, um dort erstmal bei Matjes mit Spargelsalat mit einem kühlen Weißwein den Sommer zu genießen. Auf das anschließende Bad verzichten wir dann aber, als alles Mögliche Unbeschreibliche im dunkelbraunen Wasser um unsere Waden schwimmt.
Die Berliner Jugend stört das wenig. Kein Wunder, die überall präsenten Tätowierungen überdecken Hautausschläge ja ganz prima.
Zwischen Deutschem Dom, Konzerthalle und Französischem Dom fällt uns die Entscheidung schwer: Wer hat das schönere Straßencafé? Egal – wir schließen die Fahrräder ab und bestaunen die Monumentalarchitektur im Schatten bei Kaffee und viel Wasser.
Beim Weiterfahren eine Überraschung: Zilli‘s Fahrrad kennt den Öffnungscode nicht mehr. Nach einigen vergeblichen Versuchen und einem längeren Telefonat mit der Hotline entdeckt Zilli die Ursache. Drüben beim Italiener an der Ecke, keine 200m entfernt ist eine CallaBike Station. Ihr Fahrrad hat sich offenbar daheim gefühlt und sich ausgebucht. „Na dann nehmen wir eben ein anderes, sind ja noch ein paar da“, beruhigt mich Zilli.
Beim Außenministerium ist alles auf Fußball eingestellt. Im Foyer werden die deutschen Nationalmannschaften der Nachkriegszeit vorgestellt. Immer vorne mitgespielt, aber nur dreimal Weltmeister geworden. Naja, mich fasziniert der Mini-Kicker oben auf der Terrasse mehr, bei dem jeder Spieler das Trikot einer anderen Nationalität trägt. Das wäre doch mal was für Europa, eine eigene Mannschaft!
Radtour durch Berlin
Wir strolchen durch das Viertel, beschließen, die Kohlrolade und das Eisbein im St.Georg zu vertagen bis es kühler wird und genießen den Schatten unter Kastanien.
Am Roten Rathaus und dem Neptunbrunnen vorbei umfahren wir die riesige Baustelle von U-Bahn und neuem Schloss beiderseits der Spree. Nicht mal für Fußgänger ist hier das Spreeufer begehbar, echt bescheuert!
Vom Antikmarkt in der Georgenstraße sind wir enttäuscht, das ist teurer Krempel für Touristen. Wir hatten eher Kruscht wie in Paris erwartet, wo man auch ohne zu kaufen auf seine Kosten kommt. Also weiter am Nordufer der Spree entlang zum „Zimt und Zucker“, Zilli’s Lieblingscafé in Berlin.
Für belgische Waffeln mit heißen Sauerkirschen und Pflaumenkuchen ist es zu sommerlich, aber perfekt für einen gut gekühlten Prosecco. Die riesigen Damastmuster an den Wänden sind vom Zahn der Zeit und den Rückenlehnen der Stühle schon etwas mitgenommen, passen aber vielleicht gerade deshalb zum Sammelsurium der verschiedenen Sitzgelegenheiten und den von der Sonne ausgebleichten Samtbezügen der Sofas, die hier ihr Gnadenbrot verdienen, nachdem sie aus dem bürgerlichen Wohnzimmer ihrer Vorbesitzer schon vor vielen Jahren verbannt wurden.
Schloss Bellevue liegt verlassen in seinem grünen Park, wo der König früher die Kinder spielen lies, schützt heute eine hohe Mauer die Präsidenten der Republik vor allzu viel Volksnähe. Unser derzeitiger hat damit sowieso kein Problem, er geht lieber raus aus seinem Schloss, mischt sich ein und lässt sich auch den Mund nicht verbieten.
Wir radeln durch den Zoo, der heute wie der englische Garten in München eher der Liegewiese eines Freibads gleicht. Jung und Alt, Männlein und Weiblein genießen den Schatten unter den uralten Bäumen. Der bronzene Löwe betrachtet das bunte Treiben scheinbar gelangweilt.
Wir schieben unsere Räder über den großen Platz im Sony-Center, der das quirlige Leben einer italienischen Piazza mit dem abendlichen Spaziergang imitiert. Das sternenförmige Zeltdach taucht die Straßencafés und den Biergarten mit dem Känguru in sanftes Licht. Die hohen Glaspaläste umgeben alles wie die Türme einer futuristischen Burg, in deren Burghof der große Brunnen heute die Kinder dazu animiert, sich gegenseitig anzuspritzen – und die Passanten, wenn die nicht schnell genug das Weite suchen auch.
Jetzt aber ab unter die Dusche!
Im Innenhof stehen Tische und Stühle dicht an dicht. „Nein, den Katzentisch am Durchgang zum Hinterstübchen möchten wir nicht!“ Der Kellner verschwindet mit einem nichts sagenden Lächeln. Dass wir heute Mittag bereits einen Tisch bestellt haben, interessiert den Ober nicht im geringsten. Er lässt sich aber dazu herab, uns den anderen freien Zweiertisch zu geben.
- Spargelvelouté und karibische Tiefseegarnelen auf Rucola und mediterranem Salat;
- Spargelsalat und Nordatlantikhummer mit Aioli auf Variationen von Blattsalaten;
- dazu eine Flasche herrlich duftenden Chablis, gekühlt im Eiswasser!
So gut und teuer haben wir seit Kuba nicht mehr gespeist 🙂
Uns geht’s gut – wir genießen den Sommer in Berlin!
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