Auf der gefährlichsten Straße Südamerikas beginnt das Anden-Abenteuer in Leymebamba und führt uns über Schotterpisten und Single-Road- Tracks hoch auf den Abra Calla Calla Pass bei 3.600m und dann hinunter nach Balsa auf 850m ins Tal des Rio Maranon. Von dort geht’s wieder hinauf nach Celendin in die Anden und weiter über den Meerschweichenpass 3.750m nach Cajamarca, unserer Traumstadt im Norden Perus.
Leymebamba 2.750m
Wir haben eine kalte Nacht in Leymebamba verbracht, einem Bergdorf auf 2.750m Höhe im Norden Perus. Wir kaufen noch Wasser und Obst an der Plaza de Armas, wo schon geschäftiges Treiben herrscht. Auf die Pick-Ups wird Ware geladen, die Pferde werden von den Cowboys auf die Weiden getrieben und die Schafe blöken gelangweilt die Straße entlang. Am Museo Leymebamba, wo über 200 Mumien und Grabschätze aus den Funden von der „Laguna des Condores“ zu bestaunen sind, gibt es einen Tuk-Tuk Stau. Leider haben wir für das Museum keine Zeit, also nur ein Foto mit den Mumien am Eingang schießen und dann aber los, wir haben eine lange Fahrt über zwei Cordilleren vor uns!
Die Straße entwickelt sich schnell zur „Single-Track-Road“ mit Abfluggefahr ins Nichts. Schlaglöcher, Querrillen und Steinschlag machen außer entgegenkommenden Minibussen, Kleinlastern und verrückten Pick-Ups die Fahrt äußerst spannend. Wir kurven, hupen, kurven und haben nach gut zwei Stunden den „Abra Calla Calla“ Pass mit 3.600m erreicht. Der Blick zurück in Hochtäler mit kleinen Bauernhöfen und Viehweiden ist wunderschön und erinnert an unsere Berge in den Alpen.
Doch kaum sind wir über den Pass hinweg, bleibt uns die Luft weg. Ein grandioses Panorama mit tiefen, grünen Schluchten und hohen Bergen in harten Konturen, wie mit Samt überzogen tut sich vor uns auf. Nebel steigen aus unbeschreiblich tiefen Tälern tanzend und schwebend in luftige Höhe. Hinter den hohen Wolken machen wir noch höhere Berggipfel aus. In die Stille singt nur die neue Stromleitung melancholisch im Wind. So mächtige Berge haben wir noch nie gesehen, in einer Weite, die keinen Anfang und kein Ende zu haben scheint.
Das Gekurve beansprucht unsere volle Aufmerksamkeit und wenn die Straße mal ein Stück geteert ist, kommt bestimmt unverhofft ein Bremshügel wegen einem unsichtbaren Gehöft, der unser Auto schier aus der Spur hebt, wenn wir zu schnell drüber bügeln. Die Häuser liegen inmitten der steilen Felder am Berghang und sind meist aus Lehmziegeln. Manche schmuck weiß gekalkt, andere von vernachlässigt bis entsetzlich armselig.
Am Rio Maranon 850m
Lange schon sehen wir im tiefen Tal den Rio Maranon wieder, der sich hier durch den Cannyon bei Balsa schlängelt, doch kommen wir einfach nicht runter von den Bergen. Irgendwann beginnt sich dann unser Strässchen doch in vielen Kurven und Serpentinen ins Tal zu winden. Das Tal um Balsa ist eine riesige Baustelle, hier wird eine neue Brücke über den Fluss gebaut.
Ich bleibe vorsichtshalber bei unserem Gepäck im Auto sitzen, als mein Traumwanderer auf Entdeckungstour geht und bei „MAKEYLA“ ein typisches, einfaches Lokal findet, in dem die Tischdecken nicht kleben. Die ganze Familie überzeugt uns davon Cecina zu nehmen. Wir essen hauchdünne Kotelette mit Reis und Kartoffeln als Gemüse und sind erstaunt, wie lecker das hier schmeckt. Hier im Tal herrscht heißes feuchtes Klima im Gegensatz zu der Kühle der Berge.
Jetzt geht es über die alte Brücke weiter durch die Baustelle und dementsprechend gibt es hier momentan keine Straße. Doch bald biegen wir ab in die Berge, schlängeln uns von 850m wieder hoch auf den nächsten Pass mit 3.200m. Erneut erwartet uns eine grandiose Aussicht über das Vordach der Welt: Berge, Hochtäler mit Dörfern, deren Dächer in der späten Abendsonne leuchten und ganz unten in der Tiefe glänzt noch der Rio Maranon, der sich seinen Weg Richtung Jaen und weiter zum Amazonas sucht. Der Weg nach unten ist diesmal steiler und schneller, dadurch jedoch auch mit viel mehr Serpentinen zu fahren. Macht nichts, in Celendin müssen wir sowieso tanken, da gibt’s für uns auch Kaffee.
Mein Meerschweinchen Pass
Dachten wir! In Celendin sind alle Hauptstraßen gesperrt. Wegen „La Fiesta del la Virgen Carmen“ wird heute gefeiert und Stadt und Umgebung sind auf den Beinen in vollem Ausgeh-Look, man könnte glauben, hier wird ein Film gedreht. Die Polizisten sind nett und erklären uns wortreich, wie wir wieder auf die Straße nach Cajamarca kommen, wo die „proxima Gasoliniera“ ist. Dank Google Maps finden wir beides und so gibt es halt keinen Kaffee, aber wieder genug Benzin im Tank.
Das letzte Stück ist nach unserer Straßenkarte eher das Schlechteste der ganzen Strecke. Aber kaum haben wir Celendin verlassen, führt uns eine grandios neu ausgebaute Straße von der Qualität einer Bundesstraße in die Höhe. Wie beim langsamen Walzer schwingen wir im 3. Gang den Berg hinauf und warten auf den Pass. Ein Blick auf’s GPS zeigt, dieses Hochtal bei Micuypampa mit seinen grünen Weiden liegt auf 3.750m und ist wohl der Pass, es heißt witzigerweise „Ebene meiner Meerschweinchen“ – Irre! Links und rechts Ackerland, keine steilen Abhänge, keine großen Kurvereien. Wir sehen die Bauern mit großen Macheten das Getreide schneiden und die Frauen das Geschnittene mit Rechen in die Luft werfen, damit die Körner auf den Dreschplatz fallen.
Das sieht aus wie Bilder aus unserer Kindheit bei uns daheim im Rangau. Im weichen Licht der tiefstehenden Sonne kommt Abendstimmung auf. Die Cowboys sammeln die Pferde zum Heimritt, die Frauen treiben die Schafe und Kühe zusammen und der Müller kommt mit seinen drei Eseln, um das Korn in Säcken zur Windmühle zu tragen.
In den Hütten, an denen wir vorbeifahren, wird gerade das Holz abgeladen oder schon die Feuer entfacht. Am Straßenrand warten die Frauen und Männer spinnend und strickend auf den Minibus oder eine andere Mitfahrgelegenheit.
Endlich erreichen wir mit dem letzten Abendlicht Banjos del Inca und fahren durch eine schmale Allee zur Hazienda „LAGUNA SECA“ zum übernachten. Wir werden freundlich begrüßt und gönnen uns erst mal ein Bad in heißen Quellen vor unserem Zimmer. Tagsüber ist es ja immer schön warm, doch abends wird es bald lausig kalt. So beugen wir vor und wärmen uns im heißen Pool durch und durch auf, ehe wir im Hotel essen gehen – das kann man jedoch vergessen!