In Chiang Mai, mit so vielen Klöstern und Tempeln wie Rom Kirchen hat, streben alle dem Einen, Allerheiligsten Wat Phra That Doi Suthep zu, der vor mehr als sechshundert Jahren über der quirligen Großstatt in Thailands Norden auf dem grünen Berg am Stadtrand erbaut wurde.
Die Legende von Mönch Sumana
Die Legende berichtet von der Pilgerfahrt eines buddhistischen Mönches aus Chiang Mai nach Indien, zu den Wurzeln des Buddhismus:
„Als der Mönch Sumana aus Sukhothai nach langen Jahren der Wanderschaft schließlich in den Besitz einer Reliquie Buddhas kam, beschloss er nach Chiang Mai zurückzukehren und dort einen Chedi zu Ehren der Reliquie Buddhas zu erbauen.
Die mächtigen Klöster der neuen Hauptstadt des Lan Na Königreichs konnten sich jedoch nicht einigen, wem die Ehre gebühren sollte, die Reliquie zu beherbergen. Um den Streit zu beenden, hatte der weise Mönch eine Eingebung: Er band den kleinen Kasten mit dem Knochen Buddhas auf den Rücken eines Elefanten und führte das Tier durch das Westtor und über die Brücke des breiten Wassergrabens, der noch heute die Altstadt umgibt. Dort ließ er den Elefanten frei.
Der Elefant trottete auf den Wald zu und stieg schließlich auf den nahe gelegenen Berg Doi SuThep. Dort blieb er auf einer kleinen Lichtung stehen, von der man die Stadt weit unter sich im Dunst der Ebene noch erahnen kann, trompetete dreimal während er sich im Kreis drehte und legte sich nieder, um zu sterben.
An dieser Stelle begrub der Mönch im Jahr 1383* n.Chr. das mit Gold beschlagene Kästchen mit der Reliquie und König KuNa errichtete darüber einen großen Chedi, der heute ein heiliger Wallfahrtsort für Buddhisten aus aller Welt ist.“
Wallfahrt auf buddhistisch
Gedrängt hinter der Balustrade des Allerheiligsten und tief ins Gebet versunken umrunden die Gläubigen den goldenen Chedi dreimal im Uhrzeigersinn. Eine andächtige Stimmung erfasst jeden, der hier im Rauch der vielen Räucherkerzen und dem Klang der sich immer wiederholenden Gebete verweilt. Die Pilger legen ihre Opfergaben an einem der unzähligen Altäre nieder, ehe sie den Selfiestick auspacken oder sich mit der ganzen Familie vor einem der grünen Jadebuddhas oder den vielen goldenen Buddhas fotografieren lassen.
Im Tempel segnen die Priester die Pilger in einer uralten, rituellen Sprache, die niemand mehr spricht. Das Heilige Wasser spritzt über die Knieenden, wie über die Pilger im Petersdom.
Um die Mittagszeit leert sich der Tempel und weit unten, am Ende der Treppe erwartet uns das Chaos eines überbordenden Touristenmarkts. Überall wird gebacken und gebraten, gekocht und geschnippelt – ein Heer hungriger Pilger isst im Stehen und Gehen – Sitzplätze sind rar. Wir finden unser Auto wieder und stauen uns ins Tal zurück.
(*)1383 n.Chr. ist nach buddhistischer Rechnung im Jahr 1926 B.E. = nach Buddhas Enlightning, was 543 vor Christi Geburt stattfand.