Die Combo aus Vinales spielt im Café gegenüber der kleinen Kirche kubanische Rhythmen und die Gäste wippen dazu mit ihren Füssen, während sie an ihrem Cuba Libre oder Mojito nippen.
Landleben auf kubanisch
Murales de Prestoria
Aber um künstlerischen Wert oder inhaltliche Darstellung ging es vermutlich nie. Auf ihrer Rundreise durch die Provinzen wollten die Castros für ihr neues Regime werben und den einfachen Campesinos bildlich vermitteln, dass jetzt alles besser werden würde. Ein weithin sichtbares Kunstwerk, geschaffen gerade von diesen Landarbeitern, unter Anleitung des Malers Leovigildo Gonzales Morillo, war die Idee von Fidels Gefährtin Celia Sanchez.
Was uns unerklärbar war, warum das ganze Bild wie bei einem alten Röhrenfernseher in schmalen waagrechten Streifen mit dunklen Zwischenräumen gemalt wurde. Diego Rivièra, dessen Schüler Morillo angeblich war, hätte es auch nach zwei Mojitos und einer dicken Havanna noch nicht gefallen, da bin ich mir sicher!
Der Guajiro und sein heiliger Ochse
In Kuba sind alle Kühe heilig. Die Kinder erhalten einen Liter Milch pro Tag auf die Lebensmittelkarte und die Mutter ein Kilogramm Rindfleisch pro Woche für jedes Kind. Außer Reis, Zucker und ein paar wenigen Artikeln wie Seife und ein einfaches Hemd erhält man in den Läden für Lebensmittelkarten aber nichts.
Damit die Versorgung mit Milch sichergestellt ist, wurde das Schlachten von Kühen verboten – wenn geschlachtet werden muss, gehen 60% des Fleisches an den Staat. Kauf und Verkauf von Rindfleisch wird mit hohen Gefängnisstrafen geahndet, was den Preis auf dem Schwarzmarkt in die Höhe treibt.
Und jetzt liegt da so ein heiliges Rindvieh samt seinem Besitzer in bester Siesta Pose vor dem imposanten Wandbild. Wortreich erklärt uns der Guajiro mit den großen Ohren in seinem spanischen Slang, dass er zwei Jahre gebraucht hat, um seinem Ochsen alle Kunststückchen beizubringen. Prompt legt dieser seinen gehörnten Kopf auf seinen und scheint friedlich zu schlafen. Diese Pose über die beiden sicher jeden Tag.
Der Guajiro in seiner ehemals weißen Hose, der weiten luftigen Guayabera (ein vorn abgenähtes weißes Baumwollhemd, das im 19. Jhdt. zum Symbol des Widerstands gegen die Spanier wurde) und dem Strohhut, der jetzt neben ihm auf dem Gras liegt, ist die perfekte Inkarnation des kubanischen Campesinos. Seine Urgroßväter haben sich 1717 gegen das spanische Tabakmonopol aufgelehnt, das sei als freie Tabakbauern auch die Fermentierung und den Verkauf in die eigenen Hände nehmen wollten. Die Spanier wurden von den Amerikanern abgelöst, die Revolutionäre haben die Amerikaner vertrieben, das Tabakmonopol existiert aber heute noch.
Sein Ochse, der seinen Kopf immer noch mit geschlossenen Augen in seinem Schoß liegen hat, ist sein wertvollster Besitz. Er pflügt seine Tabakfelder, ihn spannt er vor den Karren, mit dem er nach Vinales auf den Markt fährt, um das wenige Gemüse zu verkaufen, das nicht für den eigenen Bedarf gebraucht wird.
Der Guajiro und die Guajira Guantanamera
Auf der Mundharmonika bläst er leise „Guantanamera“.
Diese Ballade des kubanischen Dichters und Philosophen José Marti handelt von der Aufrichtigkeit des Guajiro und seiner Liebe zur einfachen Bäuerin aus Guantanamo, der Guajira Guantanamera. Vertont hat das Gedicht Joseito Fernandez Diaz und Pete Seeger hat das Lied weltweit ins unsterbliche Repertoire des Folk gesungen: