Vor mehr als 5.000 Jahren war die weite Hochebene mit dem hellgelb blühenden Stechginster hinter dem Campingplatz eine heilige Stätte in der mit Eichen und Kiefern dicht bewaldeten Bretagne.
Saint-Just, Urlaubsparadies für Wanderer
Saint-Just, ein winziger Ort eine halbe Autostunde südlich von Rennes, ist unsere erste Station mitten im flachen Hochland der zentralen Bretagne. Spät am Abend kommen wir endlich an und der kleine Campingplatz wird unser Rettungsanker: “Suchen Sie sich bitte selbst einen Platz, der Platzwart kommt morgens zwischen 8 und 9 Uhr” weist uns ein kleines Schild an der offenen Schranke ein.
Außer einem anderen Wohnmobil und ein paar Radwanderern mit ihren kleinen Hundehütten ist der idyllische Platz mit den blühenden Ginsterhecken, den Büschen und hohen Bäumen leer. Das gefällt uns!
Am nächsten Morgen ist der Platzwart schon wieder fort bis ich aus den Federn komme. Aber ein Anruf genügt und aus der Gemeindeverwaltung kommt eine nette Dame an gedüst, gibt mir den Schlüssel für die Wasch- und Duschräume und – viel wichtiger – erzählt mir die Geschichte der uralten Steine, die hier überall in der Heide zwischen den Büschen weithin zu sehen sind:
Die Geschichte der mystische Kultur aus der Jungsteinzeit
Die Jäger und Sammler waren mit dem Zurückweichen der Gletscher nach der letzten Eiszeit vor 10.000 Jahren dem jagbaren Wild hinterher gezogen und schließlich hier, im Finistere dem Ende der Welt sesshaft geworden. Für diese neue Kultur der Bauern und Viehzüchter war die Bestimmung des richtigen Zeitpunkte für die Aussaat und die rechtzeitige Ernte überlebenswichtig.
Hier, bei Saint-Just traf sich die Bevölkerung der umliegenden Hütten und Höfe mehrmals im Jahr zu wichtigen Feiertagen, wie dem Fest der Fruchtbarkeit zur Aussaat (bei den Kelten dann Beltane und heute unser Maifeiertag) und dem, was wir heute Erntedank nennen.
Die Alignements von Saint-Just auf der Hochebene sind Zeitmesser aus dunklem Schiefer und strahlend weißem Quarz. Oft im dichten Gestrüpp fast nicht auszumachen und manchmal weithin sichtbar. Doch erst vor gut zwanzig Jahren wurden die Steinsetzungen systematisch untersucht und das “Château Bû” von Archäologen ausgegraben. Seitdem steht das Gebiet unter Naturschutz und wird als Nationaldenkmal gepflegt, auch wenn es in den Reiseführern kaum Erwähnung findet.
Das sollten Sie unbedingt besuchen!”
sagt sie und drückt mir ein kleines Faltblatt mit Wanderungen und einem Übersichtsplan der Megalithdenkmäler in die Hand.
Wandern durch die „Landes de Cojoux“
Etwa in der Mitte der dunklen, schieferblauen Steinsäulen ein weißer Menhir als Zeigerstein. Während die dunklen Steine in der Unmittelbaren Umgebung gebrochen wurden – Tümpel mit quakenden Fröschen zeigen von den Jahrtausende alten Steinbrüchen – wurden die weißen Quader aus einer fast drei Kilometer entfernt zu Tage tretenden Quarzader des Urgesteins hierher gebracht – uralte heilige Steine.
Vorbei an den zwei versteinerten Jungfrauen führt uns der Weg zum “Chateau Bû”. Dieses in Europa einzigartige Grabmal besteht aus einem jungsteinzeitlichen Ganggrab und wurde zweitausend Jahre später in der Bronzezeit um mehrere zusätzliche Grabkreise erweitert.
Staunend stehen wir vor diesem Heiligtum längst vergangener Zeiten an die nichts außer den Grabmäler ihrer Fürsten und der astronomischen Kalendersteine ihrer Weisen erinnert.
Ein Feiertagskalender und ein Fürstengrab
Gegenüber ein Hügelgrab, von dem nur die stehenden Wandsteine und der Ringwall erhalten geblieben sind. Das “Croix de Saint-Pierres” ist die Grabstätte eines Herrschergeschlechts, das hier über viele Jahrhunderte die Asche ihrer Ahnen in Urnen bestattete.
Weiter oben am Hügel noch ein Dolmen, an dem mich die lila blühenden Glockenblumen am meisten faszinieren. Wie vergänglich sind wir Menschen, während die Blumen an den Gräbern blühen – bis sie von jungen Mädchen gepflückt werden.
Wir setzen uns auf die Felsen am Abgrund zum “Étang du Val”, schauen den Kindern auf der Wiese beim Herrenhaus am Ufer gegenüber beim Spielen zu und wandern dann weiter nach Süden, zur Wassermühle an der Staumauer des kleinen Sees, in dem die Teichrosen die ersten Blüten aus dem Blättermeer strecken.
Unser Rückweg führt durch ein kleines, kühles Bachtal, vorbei an dunkelgelb blühenden Schwertlilien und unter dem frechen Krähen des Buntspechts, der hoch über unseren Köpfen in der Eiche turnt.
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