Der Rennsteig ist als Fernwanderweg schon hunderte Jahre alt. Aber diese Rundwanderung um den Wetzstein von Brennersgrün entlang des Rennsteigs und des Schönwappenwegs über den Schieferpark bei Lehesten und dann den Lutherweg hinauf zum Altvaterturm umfasst einige Höhepunkte des östlichen Rennsteigs in Thüringen.
Das Schieferdorf Brennersgrün
Aber kaum sind wir am nördlichen Ortsrand angekommen, werden unsere Erwartungen mehr als übertroffen: Links der Straße am berühmten Rennsteig unter schattigen Bäumen, Bänke und Tische für müde Wanderer zum Rasten und rechts eine kleine Parkanlage mit Rundbank, Schiefertisch und Büschen mitten in der grünen Wiese vor einem großen Schotterparkplatz wie geschaffen für uns und unser Wohnmobil.
Von den letzten Sonnenstrahlen lassen wir uns verwöhnen und genießen ein kühles Blondes zum Sundowner – so muss Urlaub sein!
So idyllisch hatten es die ersten Bewohner vor knapp 250 Jahren hier sicher nicht, als Albrecht Brenner das abgelegene Waldvorwerk kaufte und sein „Brennersgrün“ schuf. Im Sommer die harte Arbeit in den Schieferbrüchen und im Wald, im langen Winter mit dem rauen Klima des kargen Schiefergebirges, das Schleifen der Schultafeln, das Schlagen des Langholzes mit anschließendem Verfrachten zur Rodach, an der es die Flößer übernahmen, um das Holz weiter bis nach Kronach und Coburg zu treideln.
Kein Wunder, dass die Bewohner des Thüringer Waldes als wenig gottesfürchtige Trunkenbolde galten, die es mit dem Gesetzt nicht so genau nahmen und sich im Wald nicht nur beim Holz zum heizen bedienten, sondern auch dem herzoglichen Wild nachstellten.
Dass sie dabei nicht nur mit dem Gesetz, sondern auch mit dem herzoglichen Forstwart in Konflikt gerieten, wissen wir von einem Strafgerichtsprozess, bei dem ein dreizehnjähriger Junge zusammen mit seinem Vater zu einer langjährigen Zuchthausstrafe verurteilt wurde. Der Junge hatte den Forstwart erschossen, nachdem der die beiden beim Wildern ertappt hatte und der Forstwart bei der versuchten Verhaftung mit dem Vater in ein Handgemenge verwickelt wurde – Harte Zeiten! (mehr dazu im Archiv!)
Auf zum Schönwappenweg
Durch hohen Fichtentann führt der schmale Weg zuerst leicht bergab, überquert den Talgrund auf einem schmalen Holzsteg und führt dann bis zu einer kleinen Jagdhütte auf einer idyllischen Lichtung wieder bergauf.
Bei der Kurfürstenhütte erreichen wir den Kolonnenweg der alten DDR Grenze, wo auch die romantische Sitzgruppe unter den Bäumen nicht über die grausamen Grenzbefestigungen der Vergangenheit hinwegtäuschen kann. Spätestens wenn man die Informationstafeln an der Hüttenwand studiert, wird einem die Perfektion des Terrors bewusst.
Dagegen sind die alten Grenzsteine ein paar hundert Meter weiter schon ein fast heiterer Ausflug in die Geschichte dieser uralten Grenzen. Der Kurfürstenstein zeigt auf der Nordseite das sächsische Rautenkranzwappen und auf der bayerischen Seite das viergeteilte Schild der Bamberger Kurfürsten mit der Inschrift: „Vö gotts gnade 1513 georg bischoff zu Bamberg“.
Ähnlich der große und der kleine Bischoffsstein und der Dreiherrenstein, nach dem wir den Schönwappenweg verlassen und den Lutherweg zum Museum am Lehester Schieferpark folgen.
Der Schieferpark bei Lehesten
Zwischen dem Spaltgebäude und dem pyramidenförmig überdachten Förderschacht führen noch die Schmalspurschienen der alten Grubenförderbahn kreuz und quer über die Ebene und zur Freude von Kindern steht da auch noch eine Zwergenlok, mit der die alten Zeiten fast wieder lebendig werden.
Nach einer ausgiebigen Vesperpause, denn Möglichkeiten zur Einkehr gibt es hier nirgends, umrunden wir den alten Schieferbruch im Süden und werden mit herrlichen Ausblicken auf das Museumsdorf, den gefluteten tiefblauen See aus dem alten Tagebau und die mächtige Rückwand des „Alten Bruchs“ belohnt. Hier haben die Bergleute vor fast 400 Jahren einen Schacht senkrecht in den Berg gehauen, der Jahrhunderte später durch den fortschreitenden Dachschieferabbau freigelegt wurde und heute wie ein vergessener Aufzugschacht in die Bergwand eingesunken ist. Das Loch in der Wand darunter ist der Wasserlösestollen von 1680, der das Sickerwasser aus den Stollen in Richtung Aue abfließen lies.
Rechts über der Abbruchkante ist der, aus Bruchschiefer erbaute Schornstein der dampfgetriebenen Fördermaschine in Schacht 1 zu erkennen und daneben die Gebäude der Bergschmiede mit ihren verschiedenen Feueressen. Vorbei am neueren Förderturm mit dem Lokschuppen folgen wir wieder dem Lutherweg in südliche Richtung zum Wetzstein.
Auf dem Lutherweg zum Altvaterturm
Frisch gestärkt steigen wir die vielen Stufen zur Aussichtsplattform empor. Auf jedem Stockwerk haben vertriebene Sudetendeutsche in Erinnerung an ihre Heimat ein kleines Museum eingerichtet. So wie der ganze Altvaterturm als Mahnmal gegen Vertreibung eine getreue Nachbildung des nach dem zweiten Weltkrieg zerstörten Originals im sudetendeutschen Altvatergebirge darstellt. Ihn haben nach dem Jahr 2000 sudetendeutsche Landsmannschaften aus dem Rheingau hier wieder aufgebaut, nachdem ein Radarturm aus dem kalten Krieg gesprengt wurde (mehr dazu im Archiv!)
Der Standort ähnelt wohl mit seinem fantastischen Weitblick dem damaligen: Der Thüringer Wald im Nordwesten (Großer Beerenberg 982m), im Osten das Erzgebirge (Auersberg 1018m) und im Süden das Fichtelgebirge (Schneeberg 1051m) und manchmal sogar der Staffelberg in der Fränkischen Alp.
Vom Altvaterturm bis zum Fichtelgebirge in 360°:
P.S. Dieser Beitrag ist Rüdiger aus Kitzingen gewidmet:
Brennersgrün, den Schieferpark und auch den Altvaterturm kann man auch direkt mit einem dicken WoMo anfahren!