Angst & Schrecken in Hoi An

Thao geht zum Hoi Quan Quang Trieu Tempel, der mehr als zweihundert Jahre alten Gebetshalle der chinesischen Händler aus Quangzhou. Sorgfältig wählt Thao aus den Räucherstäbchen eine, die besonders lang brennen, um sie an den Altar der Thien Hau zu stecken. Wer früher nach langer Seereise in Hoi An ankam, ging als erstes in diesen Tempel, um der Beschützerin der Seefahrer für das sichere Geleit zu danken. Das Schiffsmodel links in der Haupthalle zeigt eine solche Dschunke, die der Göttin aus Dankbarkeit für die Rettung im Sturm gewidmet wurde.

Der Rauch der Spirale trägt auch heute noch die Gebete in den Himmel.

Beim Bummel durch die abendlichen Gassen von Hoi An fühlt man sich in die Zeit der chinesischen und japanischen Kaufleute zurückversetzt, die diese Sandhalbinsel lange vor der Kolonialisierung durch die Europäer zu einem wichtigen Handelsplatz gemacht haben. Arabische Seefahrer brachten Gewürze aus Persien und Indien nach Indochina und nahmen Seide und Opium mit in den Orient. Die Zeit der Flauten im Sommer verbrachten sie in den heute noch erhaltenen Kapitänshäusern, bis der Passat für günstige Winde zur Heimfahrt sorgte.

In einem neu eröffneten Café neben dem berühmten „Reach Out Café“ bittet uns der junge Wirt für seine Internetseite Modell zu sitzen. So schlürfen wir in der Trán Phú an farbenfrohen Cocktails, halten Händchen und lächeln in die Kamera. Schon seltsam, wenn man als Tourist selbst zum exotischen Objekt der Betrachtung wird.

Der Fluß ist über die Ufer getreten, hat die Promenade mit dem gelben Wasser der Lösfelder überschwemmt und kriecht mit der Abendflut langsam in die Gassen der Altstadt. Die kleinen Vietnamesinnen nutzen diese Gelegenheit schwimmende Kerzen zu verkaufen, die in bunten Papierschiffchen auf den Wellen gefährlich schwanken. Der Fluß quält sich so knapp unter der Brücke durch, dass wir die Lichter bequem durch die Gitter des Brückengeländers aufs Wasser setzen können. Die mit den Lichterschiffchen verbundenen guten Wünsche schummeln sich zwischen Ausflugsschiffen und Fischerbooten hindurch, um mit dem Fluß aufs offene Meer zuzutreiben, dem Taifun entgegen.

Wir fliegen am nächsten Tag mit einer der letzten Maschinen von Danang nach Ho Chi Minh City, um dem Taifun zu entkommen, der genau in Hoi An auf Land treffen soll. Thao’s Mann und Bruder sind heute morgen sicher im Hafen eingelaufen und ankern im Fluss. Jetzt schleppen sie Sandsäcke aufs Dach und vertäuen die Veranda, damit der Sturm nicht alles mit sich reist.

Die Gebete waren nicht vergebens, der Wirbelsturm dreht noch auf hoher See nach Norden ab und bringt nur heftigen Regen und Wind.