Zur Adventszeit lockt der Christkindlmarkt viele Besucher nach Nürnberg. Dabei gibt es noch viel mehr zu entdecken als Glühwein, Christbaumschmuck und 3 im Weckla – das ganze Jahr über! Die Freuden und Widrigkeiten des Lebens findet man in Nürnberg in Kunstwerken plastisch, zum Teil auch drastisch dargestellt. Auf unserem Spaziergang bestaunen wir einige, auch kontrovers diskutierte Kunstwerke.
Der Gockelreiterbrunnen
Er sieht ein bisschen aus wie ein Holzspielzeug. Früher behandelten die Kunstschmiede das Eisen der Umfriedung noch mit Hammerschlag gegen Rost, diese Kunst scheint nicht mehr gefragt zu sein. Schade!
Liebesinsel, Trödelmarkt und Henkersteg
Das Ehekarusell
Ein kreisrunder U-Bahn Lüftungsschacht mitten in der Fußgängerzone war Anlaß für den Vorschlag von Baureferent Görl, das Loch doch mit einem Kunstwerk zu kaschieren.
Wer den Brunnen gesehen hat, dass die Nürnberger nicht mehr über die U-Bahn, sondern den Brunnen diskutiert haben: „Üppig pralles Leben, von Anmut und Liebe, Streit und Zoff bis Völlerei und Auszehrung, da ist alles vertreten“. Der Meister selbst tanzt auf dem Marmorsockel „… bis dass der Tod euch scheidet“.

Gott sei gelobet und geehrt
Der mir ein frumb Weib hat beschert
Mir der ich zwei und zweinzig Jahr
Gehaust hab, Gott gab länger gar
Wiewohl sich in mein ehlig Leben
Had Süß und Saures oft begeben
Gar wohl gemischt von Freud und Leid,
Erst auf, dann ab, ohn Unterscheid
Sie hat mir nit stets kochet Feigen
Will schwankweis Dir ein Teil anzeigen
Sie ist ein Himmel meiner Seel
Sie ist auch oft mein Pein und Hell.
Mein Frau ist mein getreuer Freund,
Oft worden auch mein größter Feind
Mein Frau ist mietsam oft und gütig,
Sie ist auch zornig oft und wütig.
Sie ist mein Tugend und mein Laster,
Sie ist mein Wund und auch mein Pflaster,
Sie ist meines Herzens Aufenthalt,
Und machet mich doch grau und alt.
(Hans Sachs, 1494-1576)
Das Nürnberger Ei
Am Hefnersplatz passieren wir den kleinen Brunnen mit dem 1905 eingeweihten Denkmal an den unbekannten Feinmechaniker Peter Henlein, der ein Zeitgenosse Albrecht Dürers war. Er entwickelte vor 500 Jahren die erste Taschenuhr, die ihrem Träger nicht den Mantel zerriss.
Wir kehren erstmal im Café Mohr gegenüber ein, um uns bei einer heißen Schokolade und einem Cognac wieder aufzuwärmen.
Lorenzkirche
Hinten links im Chor, an eine Säule geschmiegt, wächst ein schlankes Rankengebäude so weit in die Höhe, dass sich seine Spitze unter der Decke an die Wölbung des gotischen Spitzbogens anschmiegt. Adam Kraft hat 25 Jahre vorher das Sakramentshäuschen geschaffen, das als Tabernakel zur Aufbewahrung der Hostien und des Abendmalskelchs dient.
Er selbst kniet als eine der drei tragenden Figuren unter der Balustrade des Umgangs mit Stechbeitel und Schlegel.
Berühmt ist die Kirche aber durch den „Englischen Gruß“ des Holzschnitzers Veit Stoß, der 1517 von der Patrizierfamilie Tucher in Auftrag gegeben wurde. Der Erzengel Gabriel verkündet Maria die Empfängnis Jesu. Die sieben Medaillons, die den riesigen Holzkranz schmücken, zeigen die „sieben Freuden“ Marias.
Die Zeit kurz vor der Reformation war einerseits geprägt von einem wohlhabenden Patriziertum, der geistigen und wirtschaftlichen Elite, andererseits aber auch von einer Verarmung des vor dem Elend in die Stadt geflohenen Landvolks. Dort gab es Arbeit als Handwerker in einer der vielen Manufakturen, oder bei den Kaufleuten.

- die Verkündigung,
- die Heimsuchung,
- die Geburt Jesu,
- die Anbetung der Weisen,
- das Wiederauffinden des zwölfjährigen Jesus im Tempel
- die Auferstehung Jesu;
- die Aufnahme Mariens in den Himmel.
Das Narrenschiff im Trockenen
Die stadträumliche Einfügung würde durch Hinzufügen eines Wasserbeckens und zusätzlicher Gestaltungselemente in den Straßenbelägen das Raumgefüge empfindlich stören und den ohnehin fragwürdigen pseudobarocken Sensualismus des ‚Narrenschiffs‘ aufwerten. Eine weitere Überfrachtung des Standorts muß zwingend verhindert werden.“
Auch 1992 gab es in Nürnberg also nachgewiesenerweise noch Narren!
Das Narrenschiff ist wie des Ehekarusell von Jürgen Weber, also vom Ende der achtziger Jahre (Haben Sie’s geahnt?).
Der Ursprung ist aber viel älter. Das Thema geht auf den Bestseller „Daß Narrenschyff ad Narragoniam“ von Sebastian Brant zurück, der 1494 in Basel gedruckt wurde und ins lateinische und von dort in andere Dialekte übersetzt wurde. Der Bezug zu Nürnberg kommt durch Albrecht Dürer, der sich zu der Zeit auf Wanderschaft in Basel aufhielt und 73 Holzschnitte zu den Themen anfertigte. Das Leitmotiv „Gewalt, Technik und Resignation zerstören das Leben, der Tod lacht Hohn“ stammt aus dem Narrenspiegel, der als Parodie auf den Bußspiegel der Pfaffen gedacht war, die mit ihrem Ablaßhandel die Reformation provozierten. Kein Wunder, dass sich das Bürgertum der freien Reichstadt Nürnberg sehr früh für die Reformation und damit für die Befreiung vom Klerus entschied.
Das Männleinlaufen auf der Frauenkirche
Punkt 12 Uhr öffnen sich die Türchen rechts und links des sitzenden Kaisers und die sieben Kurfürsten marschieren dreimal um den Kaiser herum, um sich jeweils einzeln vor ihm zu verbeugen. Der grüßt huldvoll mit dem Zepter. Zwei Türken hämmern dabei auf eine kleine Glocke ein, während Fanfaren geblasen werden, ein Bediensteter das Buch mit der Bulle hochhält und andere Komparsen agieren.
Aber auch wenn Sie es nicht um 12 Uhr schaffen, es lohnt sich den Kopf in den Nacken zu legen und zu staunen!
Der schöne Brunnen
In der mittleren Figurenreihe sind sagenhafte Könige wie Josua, König David, Julius Cäsar, Alexander der Große, und Hektor von Troja und die sieben Kurfürsten zu sehen. Das gesamte Programm der Figuren ist im downloadbereich.
Von den Kirchenvätern ist Ambrosius an seinem Bienenkorb gut zu erkennen. Seine Rolle im frühen Christentum ist aus unserer heutigen Sicht aber durchaus kritisch zu würdigen nicht nur weil er den oströmischen Kaiser Theodosius schwer unter Druck gesetzt hat. Dessen Tochter Galla Placidia kennen wir schon aus Ravenna.
Bratwurst im Häuschen
Wenn man davon absieht, dass die Nürnberger Bratwurstgriller eher aus China zu kommen scheinen, ist alles noch wie zur Bauzeit der Sebalduskirche, sogar die Zinnteller, auf denen sie serviert werden.
Das Grab des Hl. Sebaldus
Peter Fischer hat 1508 ein filigranes Bronzegebäude im Still der aufkommenden Renaissance entworfen, das seine Söhne bis 1519 dann in vielen Einzelteilen gegossen haben, um den wertvollen, mit Gold und Silber beschlagenen Sarg vor allzu eifrigen Gläubigen zu schützen. Die Kirche wurde im 2. Weltkrieg durch die Bombenangriffe der Alliierten schwer beschädigt. Ausgebrannt sind ihre beiden Türme aber erst wenige Tage vor der bedingungslosen Kapitulation, als amerikanische Geschütze vor den Toren der Stadt sie ins Ziel nahmen.
Gehen wir den Berg hinauf zur Kaiserburg und blicken zurück auf Nürnberg, breitet sich die Altstadt vor unseren Füßen aus. Rechts der weiße Turm, halblinks die Türme von St. Lorenz, die Frauenkirche und davor das Rathaus. Da gibt’s das nächste Mal noch viel zu sehen!
Der Hase Albrecht Dürers modern interpretiert
Wie Ehekarusell und Narrenschiff ist das Vorbild von Albrecht Dürer auch schon fast 500 Jahre alt:
Wir haben für heute genug Kunststücke gesehen und freuen uns schon auf’s nächste Mal (mehr über Nürnberg im städtischen Portal)!