- Reisetagebuch Nordperu
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- Kuelap, die Festung der Nebelkrieger
- Abenteuer in den Anden Perus
- Cajamarca, Traumstadt in den Anden
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Kuelap in der Region Chachapoyas wurde vor 500 Jahren von den Inkas erobert, von den Spaniern aber nie entdeckt. Erst seit einigen Jahrzehnten wird sie von Archäologen dem Nebelwald im Norden Perus entrissen und wieder restauriert.
Die Festung der Chachapoyas
Vor uns türmt sich eine viele Meter hohe Mauer auf, vor mehr als tausend Jahren aus großen Kalksteinquadern sorgfältig gefügt, rechts und links mehrere hundert Meter lang, unüberwindlich! Wir haben die Bergfestung der Chachapoyas im Norden Perus erreicht, die wohl von den Spaniern ebenso wie Machu Picchu tausend Kilometer südlich nie entdeckt wurde, bis vor etwa 150 Jahren ein einheimischer Richter die uralten Mauern, weit ab von jeder größeren Siedlung, auf dem langgezogenen Bergrücken wiederentdeckte. Vermutlich stand er ähnlich überwältigt wie wir vor der riesigen Mauer und suchte nach einem Zugang.
Gegenüber der Garküche für Archäologen und Wanderer ist das Haupttor wegen Einsturzgefahr zurzeit gesperrt und wird gerade renoviert. Das zweite Tor liegt ein paar hundert weiter nördlich und ist ein kaum zwei Meter breiter Spalt in der Quaderwand, der im Inneren steil aufsteigt und immer enger wird, so dass oben jeder einzeln auf der ersten Ebene der Festung ankommen muss. Ein leichtes Opfer für die Verteidiger, zumal die Mauer zwischen zehn und zwanzig Meter hoch ist und auch mit Leitern praktisch nicht erklommen werden kann.
Zu Zeiten der Inkas war die Festung wahrscheinlich schon verlassen und wurde lediglich auf Kriegszügen als sicherer Rastplatz genutzt. Davon zeugt ein viereckiges Gebäude in der Bauweise der Inkas, das aus den vielen hundert Rundhütten der Chachapoyas hervorsticht.
Wir wenden uns nach Norden und passieren über eine weitere, schmale Treppe ein Tor, das zur inneren, neuen Festung auf die zweite Ebene führt. Diese wird begrenzt durch einen mächtigen Bergfried, in dem die Archäologen Reste zerbrochener Steinäxte und einen großen Vorrat runder Steine fanden, wie man sie für Steinschleudern verwendete.
Der mächtige Turm sitzt so nahe an der am westlichen Abgrund, dass seine Seite abgeflacht gemauert werden musste, damit er nicht abrutscht. Hier ist die Bergflanke so steil, dass kein Feind sie erklimmen konnte.
Fest steht: Der Ausblick von den südlichen Befestigungsanlagen auf die umliegenden Berge und Dörfer ist grandios! Wir fühlten uns wie auf dem Dach der Welt.
Spazieren sie durch die 360° Panoramas und erleben Sie den geheimnisvollen Zauber von Kuelap:
Bergfestung KUELAP in 360°
Die Rundhütten der Wolkenmenschen
Zwischen den von Epiphyten und rot leuchtenden Bromelien bewachsenen Bäumen sind die Überreste der Fundamente der einstigen Behausungen kaum auszumachen. Das wird erst anders, als wir uns nach Süden wendend das Haus der Inkas passiert haben und einen schmalen Durchlass hinuntersteigend die Ebene erreichen, die von den Archäologen bisher am besten erforscht ist. Dort wurden die Fundamente und Mauern der Rundhäuser teilweise wiederhergestellt, so dass die ursprüngliche Bauweise wieder deutlich zu erkennen ist.
Wolkenmenschen oder Nebelkrieger wurden die Chachapoyas von den Inkas genannt, weil ihr Siedlungsgebiet wie auch Kuelap oft in den Wolken steckt, die vom Amazonasbecken aus die östlichen Kordilleren bedecken und sich dort auch im Sommer ausregnen – Staulage eben!
Etwa 10° Grad südlich des Äquators bedeutet das fruchtbares Land, in dem auch im Winter die Temperaturen auf dieser Höhe nicht unter den Gefrierpunkt fallen und tagsüber wie heute auf über 20° Grad klettern.
Die Rundbauten der Wolkenmenschen hatten teilweise Keller, wenn der schräge Berg einen hohen Sockel erforderte. Das spitze Dach war mit Schilfrohr gedeckt und stand wahrscheinlich so weit über, dass man bei Regen auf den Trittstufen, die wie ein überkragender Sockel das ganze Haus umgaben, auch bei Regen gehen konnte, ohne allzu nass zu werden. Da die Häuser dicht an dicht standen, konnten die Wolkenmenschen ihre Nachbarn auch bei Dauerregen besuchen, ohne dass sie durch Matsch und Schlamm waten mussten.
Manche der Häuser waren mit rautenförmigen Steinsetzungen verziert und zeigten Besuchern so den hohen sozialen Status der Bewohner. Die Funktion des südlichen Turms, den die Archäologen spaßhaft „El Tintero – das Tintenfass“ getauft haben, ist bis heute nicht zweifelsfrei geklärt. Seine Mauern kragen wie bei manchen mittelalterlichen Häusern in Europa nach außen über. Ob dies lediglich das Erklettern der Mauern durch einen Eindringling erschweren sollte, oder ob der Turm eine zeremonielle Bedeutung hatte und als Heiligtum besonderen Schutz verdiente, werden wir wohl nie erfahren.
Die Teleferico
Ein Blick auf die Armbanduhr holt uns schlagartig in die Gegenwart zurück: Wir sind viel zu spät dran!
Erst seit einigen Monaten fährt eine Kabinenbahn von Nuevo Tingo auf Kuelap und hat uns damit 37 km Bergfahrt auf einer von Schlaglöchern übersäten Schotterstraße erspart. Aber man muss die Rückfahrzeit bereits beim Kauf der Tickets an der Talstation der Zubringerbusse mit buchen. Die zwei Stunden waren viel zu wenig, zumal nicht die Talfahrt der Gondel gemeint war, sondern die Abfahrtszeit des Busses an der Talstation.
Schweiß gebadet kommen wir mehr als eine Stunde zu spät an der Bergstation der Gondel an und stellen erleichtert fest, dass in Peru Zeit eben relativ ist – wie geschaffen für Traumwanderer!
Video über die Gründer Kuelaps auf ZDFinfo:
Literatur: Mystische Baumeister, ein Artikel der Nürnberger Zeitung vom 26.10.2014 im Archiv