Schloss Greifenstein kennen wir durch Otto Philipp Schenk Graf von Stauffenberg, der als Forstbeamter die Ländereien bewirtschaftete und das Schloss bis zum Sommer 2015 bewohnte, als er fast neunzigjährig verstarb. Der zugehörige Park ist aber seit Jahrzehnten in Vergessenheit geraten.
Die Ursprünge des französischen Parks
Erst als wir den Tempel umrunden, eröffnet sich der Blick durch die Allee dreihundertjähriger Linden auf Schloss Greifenstein, weit entrückt am Ende des grünen Tunnels. Diese Allee war eines der bestimmenden Elemente im Park. Die Äste der Bäume wurden nach französischem Vorbild durch Drähte zur Seite gezogen, um einen Kandelaber förmigen Wuchs und damit die Wirkung einer grünen Mauer zu erreichen. Mit zunehmendem Alter wurde das dann eher ein Tunnel, der alle paar Jahre wieder ausgelichtet werden musste.
Ein paar Schritte hinunter Richtung Gutshof, biegen wir scharf links in den Weg ein, der am Zaun des Parks entlang führt, da dieser für die Öffentlichkeit nicht zugänglich ist, um ihn vor weiterem Vandalismus zu schützen. Durch die Büsche bestaunen wir den Pavillon des Lustgartens, der bereits 1719 errichtet wurde. Das symmetrische Gegenstück auf der anderen Seite des heute als Blumenbeet genutzten Brunnenbeckens wurde nie gebaut.
Linker Hand sehen wir Biergarten und Häuschen der Burgklause, zu dem wir später zurückkehren. Nachdem sich der Weg nach Norden wendet, erkennen wir rechts hinter der ziegelgedeckten Steinmauer das Gärtnerhaus, das mit seinem dick bemoosten Dach deutliche Spuren des Verfalls zeigt. Die Gärtnerei hat früher das Schloss nicht nur mit Obst und Gemüse, Beeren und Blumen versorgt, sondern auch im Gewächshaus die Palmen, Oleander und andere Kübelpflanzen überwintert. Während der Dunkelheit sollte man hier besser nicht wandern, treibt hier doch der Reiter ohne Kopf sein Unwesen wie Einheimische erzählen.
Der englische Landschaftsgarten
Den „Garden of Liberalism“ propagierten erstmalig in der Literatur die beiden englischen Literaten Alexander Pope und Joseph Addison zu Beginn des 18. Jahrhunderts in den Zeitschriften Tatler und Spectator. Sie forderten eine Berücksichtigung des genius of the place, des Zaubers des Ortes, und eine artificial wildness, eine künstliche Naturbelassenheit. Das Eingreifen des Menschen beschränkt sich auf eine nur handreichende Aufgabe. Er bändigt die Natur nicht gewaltsam, sondern fügt sich ihr ein. Irregularity, asymmetry, wildness sind die Merkmale des englischen Gartens, d.h. Unregelmäßigkeit, Aufgabe symmetrischer Komposition und Naturbelassenheit prägen die englische Anlage, die sich im idealen Falle zur freien Natur hin entgrenzt.
Dem entsprechend, wurde der Park umgestaltet: Runde, sich auflösende Formen und serpentinenförmig angelegte Wege führen aus dem formal gestalteten parkzentrum in die freie Natur. Die ist den wirtschaftlichen Notwendigkeiten geschuldet, heute zum Großteil Nutzwald, der mit Vollerntern durchforstet wird, um eine ausgewogene Mischung zwischen Laubwald und Nadelholz herzustellen.
Der Obelisk, den wir am Rande eines Fichtenwäldchens passieren, erinnert an Johann Franz Romanus Schenk von Stauffenberg und seine Gemahlin Marie Caroline Freiin Zobel von Giebelstadt. Zu seinem sechzigsten Geburtstag am 17. Juli setzten seine beiden Söhne ihm mit diesem Sonnenstein 1793 ein Denkmal. Wenn wir heute auf dem breiten Weg daran vorbei wandern, wundern wir uns, warum er ausgerechnet hier aufgestellt wurde und nicht am Ende einer der Hauptachsen?
Ein Obelisk stellte im alten Ägypten die steingewordenen Strahlen des Sonnengottes Ra dar und ist die Verbindung zwischen der hiesigen und der Götterwelt. Er bündelte mit seiner vergoldeten Spitze also die Strahlen der göttlichen Sonne, um sie als Segen an die Menschen weiterzugeben.
Am 17. Juli des Jahres geht in der fränkischen Schweiz die Sonne in ostnordöstlicher Richtung bei einem Azimuth von 55° Grad auf. Wenn man an diesem Tag zum Sonnenaufgang auf den Greifensteiner Turm steigt, ist dies genau die Position des Obelisken. Allerdings waren damals die heutigen Fichtenwälder noch Äcker und der Obelisk im Gegensatz zu heute auch gut zu sehen. Ein durchdachtes Geburtstagsgeschenk also!
Die Aufstiegstreppe führte in einen anmutigen Gebetsraum. Auf einem kleinen Altar stand eine wertvolle spätgotische Madonna, zu ihren Füßen befanden sich ein betender Engel und eine weitere Figur. Links daneben stand ein in Andacht gebeugter Benediktinermönch auf einem Podest, rechts trug ein Verkündigungsengel zur feierlichen Stimmung des Raumes bei. Hinterglasbilder mit barocken Rahmen zierten die Wände hinter dem Altar. Glasgemälde aus dem 16. bis 19. Jahrhundert in den sieben großen gotischen Fenstern ließen den Raum der Weltlichkeit entrückt erscheinen. Im runden Fenster über dem mittleren Eingang befand sich ein Glasbild des heiligen Georg. (Eckehart Weiß)
Ein Stück des Wegs auf Schloss Greifenstein zu, steht die gotische Betsäule der „Streitberger Hans“, der 1996 restauriert wurde. Sein genaues Alter ist unbekannt, wenn er auch bereits 1810 in einem Führer mit der Inschrift „RITTER – GREIF – STEIN – 1325“ erwähnt wird. Dies bezieht sich auf Hans Wilhelm von Streitberg, dessen Geschlecht bei Burggrub bis 1525 seinen Stammsitz hatte und der 1690 auf Greifenstein ohne Nachkommen verstarb. Sein Erbe fiel an das Hochstift Bamberg, das Greifenstein und weitere Besitzungen noch im gleichen Jahr an den Bamberger Fürstbischof Marquard Schenk von Stauffenberg als Dank für seine Verdienste um das Erzbistum übertrug.
Der im spätgotischen Stil gestaltete Bildstock zeigt den Ritter mit seinem Wappenschild und Johannes den Täufer, den Namenspatron vom Greifensteiner Hans. Wen die adelige Dame mit dem Stehkragen und den zwei Kindern darstellt ist nicht überliefert.
Die Höhle des Femegerichts
Ob hier jemals ein geheimes Gericht getagt hat oder die Namensgebung eher der romantischen Fantasie der Gartenbauer zuzuschreiben ist, wissen wir nicht. Die archäologische Untersuchung hat nichts Derartiges zu Tage gebracht. Dafür den Nachweis, dass auf dem Felsen eine kleine mittelalterliche Wehranlage war. Die Erbauer des verschwundenen Gartens jedoch bauten auf eine der beiden Spitzen ein Eremitenhäuschen, an dessen Eingang zu lesen war:
Natur: Du bist meine Göttin,
Dir und den Freunden,
Der Freundschaft und Liebe
Sei sie geweiht,
Diese ländliche Hütte.
Noch völlig erhalten, aber unter Laub verborgen und teilweise verschoben, beginnt am Fuße des Eremitenhausfelsens eine Steintreppe, die sich nach oben windet und zwischen den Felstürmen endet. Sie waren durch eine kühne Hängebrücke aus Rundhölzern verbunden. Auf einem von ihnen stand das Eremitenhaus. (Eckehart Weiß)
Der kurze Weg zurück zum Schloss lohnt sich, denn dort wird auch für kleine Gruppen eine Führung angeboten, die unterhaltsam Einblick in das Rittertum mit Rüstungen und Waffensammlung, aber auch in die Wohnung eines Adelsgeschlechts gibt. In der Burgklause kann man sich im Winter dann wieder aufwärmen und im Sommer im Biergarten die Sonne genießen.
Eine ausführliche Dokumentation von Eckehart Weiß des Forchheimer Ehrenbürg-Gymnasiums über die Geschichte, das Werden und Vergehen des Parks von Schloss Greifenstein finden Sie im Archiv.