Die renovierte Synagoge in Ermreuth ist heute ein kultureller Treffpunkt und Zentrum der Erinnerung an einen verloren gegangenen Teil deutscher Geschichte. Auf dem alten Judenweg von der Synagoge zum jüdischen Friedhof wird in den Erzählungen von Frau Dr. Rajaa Nadler ein Teil der Vergangenheit wieder gegenwärtig. Er führt über Wiesen und auf dem Karrenweg durch den Wald und ist nicht immer gut zu erkennen. Der Weg gehört noch heute mehreren jüdischen Familien, die jedoch in alle Welt verstreut sind und davon vermutlich nicht einmal mehr wissen.
Auf dem alten Judenweg zum „Guten Ort“
Das jüdische Gemeindeleben erforderte 1711 die Errichtung eines Friedhofs – des sogenannten „Guten Orts“, da Juden nicht auf dem Kirchhof der christlichen Gemeinde beerdigt werden durften und bis dahin in Baiersdorf beigesetzt wurden. Nur wenig später wurde 1738 die alte Synagoge errichtet, die dann 1822, fast hundert Jahre später, durch den noch heute bestehenden, neuen Sandsteinbau ersetzt wurde. Es gab auch eine eigene Schule und einen jüdischen Lehrer, der zugleich als Kantor in der Synagoge diente.
Heute ist das alles längst vergangene Geschichte. Die letzte Beerdigung fand am
1. Dezember 1937, zur Zeit des Hitler-Regimes und unter dem NSDAP-Bürgermeister Ossmann statt, der den christlichen Einwohnern Ermreuths ausdrücklich verboten hatte „den Juden ans Grab zu begleiten“.
Uns führt der alte Judenweg von der Synagoge eine gute halbe Stunde über Wiesen, an Apfelgärten vorbei und auf dem alten Hohlweg durch den Wald auf die Anhöhe nördlich von Ermreuth zum Judenfriedhof. Den sind die Ermreuther damals auch gegangen, als sie trotz des Verbots hinter dem Fuhrwerk mit dem Sarg des verstorbenen Michael Schwarzhaupt hergingen und ihm die letzte Ehre erwiesen.
Zu seinen Lebzeiten hatte der im Nachbarort Forth einen kleinen Laden für Bänder und Stoffe. In Ermreuth und weit darüber hinaus war der „Schepperjude“ aber bekannt, weil er in der kalten Jahreszeit, wenn auf dem kleinen Bauernhof wenig zu tun war, mit Blechgeschirr und seinen Schnittwaren hausieren ging.
Als wir auf dem Friedhof ankommen, stehen die langen Reihen der Grabsteine im warmen Licht der tief stehenden Sonne und wir suchen den Stein von Schwarzhaupt. Ganz oben stehen die ältesten Steine, weil der Friedhof im Laufe der zweihundert Jahre hangabwärts erweitert wurde. Unten die letzten von Gönninger 1925 und Schneeberger 1932. Der von Schwarzhaupt fehlt, weil der Bürgermeister ein namenloses Begräbnis angeordnet hatte.
Darüber waren die Ermreuther damals so erbost, dass sie den Bürgermeister später nach Strich und Faden grün und blau schlugen ( Die WELT: Schwarzhaupts Haus).
Zurück nehmen wir den direkten, steilen Fußweg durch die Obstwiesen, den die Juden für ihren Besuch auf dem Friedhof anlegten. Im Ort passieren wir das alte Schulhaus und das Schloss, dessen braune Vergangenheit auch auf die Neuzeit abgefärbt hat.
In der Dorfkirche Sankt Peter und Paul zeugt der Altar von der Verbundenheit der Christen mit ihren jüdischen Mitbürgern, wird er doch nicht von einem Gekreuzigten gekrönt, sondern dem Strahlenkranz mit dem hebräischen Schriftzug „היהו“ – Jahwe, dem Eigennamen des Gottes Israels aus dem ersten Gebot (siehe Wikipedia).
Obwohl erst 1554 urkundlich erwähnt, kann man davon ausgehen, dass die ersten Juden sich bereits nach der Vertreibung aus der Reichsstadt Nürnberg 1498 im evangelischen Ermreuth, wie in vielen anderen ländlichen Gemeinden des fränkischen Landes, niedergelassen hatten.
Die Landesherren waren anfänglich Nürnberger Patrizier, die vom Schutzgeld und vielerlei Steuern, welche den Juden auferlegt wurden, ihre Kassen sanierten, denn die meisten von ihnen waren ziemlich verschuldet.
Hintergrundinformation zur Geschichte Ermreuths finden Sie im Archiv unter: Aus der Geschichte Ermreuths