Ihr Traumland haben die romantischen Dichter vor zweihundert Jahren auch in der von ihnen geliebten Heimat gesehen und ihr persönliches Arkadien in Geschichten und Liedern verewigt. Eine Wanderung auf den Spuren Jean Pauls führt uns deshalb naturgemäß in seine oberfränkische Heimat, wohin uns der Dichter einlädt:
„Ich denke, wir brauchen keinen Plan für einen so holden Tag und für ein so liebes Tal: Wir pilgern und irren bloß nachlässig am Ardour das ganze Tal der Länge durch und setzen uns bei jeder Hütte und bei jeder neuen Blume nieder – und abends fahren wir im Mondschein zurück – das wäre in einem solchen Arkadien recht arkadisch und schäfermäßig“ (Jean Paul –> Biographie)
Mit Texten Jean Pauls auf dem Weg
Auf dem Acker neben dem Feldweg nach Kleinhül leuchten die weißen Kalksteine aus dem frisch gepflügten, dunkelbraunen Boden. Gottfried Köppel schilderte schon vor mehr als 200 Jahren „Die Felder sind mit kleinen, harten Kalksteinen gleichsam besät, die während des Pflügens ein unaufhörliches Geklapper und Gerassel ergeben und es notwendig machen, die Ochsen mehrenteils auf den vorderen Füßen mit Eisen zu beschlagen“.
In der dünnen Ackerkrume auf dem hochgelegenen Schwammriff des urzeitlichen Jurameeres wachsen die Steine förmlich nach, wie man an den großen Haufen aufgelesener Steine am Waldrand sehen kann. Die Orte hatten damals keine Brunnen, sondern sammelten das Regenwasser in großen Zisternen (Hülen), von denen noch heute die Ortsnamen zeugen.
Das Kriegerdenkmal für die Gefallenen der beiden Weltkriege an der Wegkreuzung kurz vor Kleinhül, ist aus großen Felsbrocken geschlichtet, fast wie zu Zeiten der Megalithkultur. Der blühende Apfelbaum gibt dem düsteren Bild eine versöhnliche Note – ein Blütenzweig, der Hoffnung macht – wie das Gedicht vom „Schmetterling im Winterschlaf“.
Was bleibt, ist der geschotterte Parkplatz hinter der kleinen Feldscheune, der sich hervorragend als Wohnmobilstellplatz für Wanderer eignet (siehe Karte).
In Gedanken an die Vergänglichkeit irdischer Besitztümer steigen wir den Hügel hinauf zum Waldrand, an dem eine Bank zu kurzer Rast und dazu einlädt, darüber nachzudenken was bleibt. Haben wir den Freund für immer verloren oder ist er noch immer unser stiller Begleiter, unser „Engel der Freundschaft“?
Sanft neigt sich dann der Weg dem dunklen Wald zu und verschwindet unter hohem Tann, bis sich nach einiger Zeit das Tal weitet und den Blick frei gibt. Wenig später queren wir die Lichtung zwischen weiß blühenden Schlehenhecken, in denen der Pfad fast verschwindet und wieder in den Wald führt. An einer Bank,die im kühlen Tann bei Hitze zum Rasten einlädt, finden wir Aphorismen zur „Freundschaft„.
Erst kurz vor Wonsees tauchen wir ins Wacholdertal ein und riesige Linden flankieren den Weg zu unserer Linken, während rechts der steile Hang mit dem Magerrasen von blühenden Schlüsselblumen übersät ist. Einer der großen Wacholderbüsche scheint Feuer gefangen zu haben, denn der Wind treibt eine weiße Rauchsäule aus dem dichten Geäst. Erst bei genauerem Augenschein entdecke ich, dass nur die Äste mit den hellgrünen Nadeln dicht mit braunen Kügelchen, aufgefädelt wie an einer Perlenschnur, besetzt sind, die bei der kleinsten Bewegung ihre Pollen in dichten Wolken in die Luft streuen.
Am Marktplatz ist der Brunnen noch österlich geschmückt und zwei Gasthäuser buhlen um die Gunst des Wanderers. Wir stärken uns mit Schäuferla und Kulmbacher Bier für den kommenden kleinen Anstieg zur Burg Zwernitz. Dort oben am Kreuzweg, im Angesicht der fürstlichen Burg, ist wohl der geeignete Platz, um Jean Pauls Pamphlet über den „Fränkischen Krötenorden“ zu hören!
Zum Abschluss der Wanderung bietet sich eine Besichtigung der alten Festung an, von deren Turm man einen herrlichen Blick auf die umliegenden Lande hat, ehe wir uns am Morgenländischen Bau im ehemaligen Küchengebäude bei Milchkaffee mit fränkischem Windbeutel und frischen Erdbeere und Sahne belohnen. Das gehört auch zur Kultur einer Traumwanderung!